Zurückbehaltungsrecht von Steuerberatern – wann dürfen Unterlagen als Pfand behalten werden?

Zurückbehaltungsrecht von Steuerberatern – wann dürfen Unterlagen als Pfand behalten werden?

Nachdem ein Mandat übernommen wurde, entstehen für den Steuerberater verschiedene Verantwortlichkeiten. Dazu gehören die sorgfältige Betreuung, die Pflicht zur Informationsweitergabe an den Mandanten sowie die sichere Aufbewahrung oder Rückgabe von Dokumenten. Gleichwohl der Steuerberater gemäß dem „Geschäftsbesorgungsauftrag“ grundsätzlich den Anweisungen des Mandanten folgen muss, wird dies durch strikte berufliche Verpflichtungen eingeschränkt. Steuerberater müssen hiernach stets eigenverantwortlich und gewissenhaft handeln.

Das Auftragsrecht legt zudem fest, dass ein Steuerberater alle Materialien und Informationen, die er im Zuge der Auftragsabwicklung vom Mandanten oder Dritten erhält, sicher verwahren muss. Diese Pflicht besteht, bis die Unterlagen an den Mandanten zurückgegeben werden oder bis sie aufgrund gesetzlicher Vorschriften nicht mehr aufbewahrt werden müssen. Nach Beendigung des Auftragsverhältnisses ist der Steuerberater grundsätzlich verpflichtet, die Unterlagen an den Mandanten zurückzugeben, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde.

Allerdings sieht § 66 Steuerberatungsgesetz (StBerG) vor, dass die Herausgabe von Dokumenten verweigert werden kann, wenn der Auftraggeber noch Gebühren und/oder Auslagen schuldet. Das Recht, dieses Mittel zur Durchsetzung von Honorarforderungen zu nutzen, ist jedoch nicht uneingeschränkt. Es gibt klare Grenzen, die berücksichtigt werden müssen.

Was darf von dem Steuerberater zurückbehalten werden?

Das Recht des Steuerberaters, bestimmte Unterlagen als Sicherheit zurückzubehalten, erstreckt sich auf seine eigenen Arbeitsergebnisse, wie Bilanzen oder Steuererklärungen, die in physischer Form vorliegen. Ebenso beinhaltet es Handakten, zu denen Dokumente und Unterlagen gehören, die der Mandant dem Steuerberater zur Verfügung gestellt hat, wie Rechnungen, Kontoauszüge oder ältere Steuerbescheide, sowie solche, die von Dritten stammen, etwa offizielle Steuerbescheide oder Korrespondenzen mit Geschäftskontakten des Mandanten. Des Weiteren sind auch die im Rechenzentrum gespeicherten Buchhaltungsdaten von diesem Recht abgedeckt.

Es gibt jedoch bestimmte Dokumente, die nicht als Handakten gelten und daher unabhängig von ausstehenden Forderungen nicht herausgegeben werden müssen. Hierzu gehören interne Arbeitsdokumente, jeglicher Schriftverkehr zwischen dem Steuerberater und seinem Mandanten sowie jegliche Dokumente, von denen der Mandant bereits eine Kopie oder das Original erhalten hat.

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Diese Einschränkungen sind zu beachten

Einige gesetzliche Bestimmungen und Gerichtsentscheidungen setzen dem Zurückbehaltungsrecht von Steuerberatern Grenzen. Zum Beispiel gibt es kein Recht, Vollmachtsdokumente gemäß § 175 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückzubehalten. Auch Arbeitsunterlagen der Mitarbeiter des Mandanten sind von diesem Recht ausgenommen.

Der Steuerberater hat aber die Befugnis, Dokumente im Kontext einer bestimmten Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 4 StBerG zurückzubehalten, für die er eine Zahlung fordert. Er kann keine Unterlagen für Forderungen aus anderen Mandaten zurückbehalten. Dies unterscheidet sich von § 273 BGB, bei dem es ausreicht, dass Forderung und Gegenforderung aus dem gleichen rechtlichen Verhältnis resultieren.

Ein praktisches Beispiel hierfür ist: Wenn eine Rechnung für den Jahresabschluss 2021 und die dazugehörigen Steuererklärungen noch nicht beglichen wurde, kann der Steuerberater nicht die Unterlagen für den Jahresabschluss 2022 und dessen Steuererklärungen als Druckmittel zurückhalten.

In diesen Fällen kann ein Steuerberater Unterlagen als Pfand behalten

Um als Steuerberater ein Zurückbehaltungsrecht ausüben zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss ein gültiger Steuerberatungsvertrag vorliegen. Das spezifische Zurückbehaltungsrecht nach § 66 Abs. 4 StBerG greift nur, wenn es sich um einen solchen Vertrag handelt. Bei anderen Vertragsformen, wie dem Treuhandvertrag, ist lediglich das allgemeine Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB relevant.

Zweitens darf es keinen Verstoß gegen den Grundsatz „Treu und Glauben“ geben. Das Zurückbehaltungsrecht erreicht seine Grenze, wenn dessen Anwendung treuwidrig wäre. Dies könnte der Fall sein, wenn die Nicht-Herausgabe für den Mandanten erhebliche Nachteile mit sich bringt, wenn nur ein minimaler Betrag gefordert wird, ausreichende Sicherheiten für den Honoraranspruch vorhanden sind oder das Recht genutzt wird, um eine Honorarerhöhung durchzusetzen.

Innerhalb des Rahmens von § 66 Abs. 4 StBerG muss der Steuerberater eine vorläufige Rechnung ausstellen. Das ermöglicht dem Mandanten, das Zurückbehaltungsrecht durch Zahlung aufzuheben. Eine Sicherheitsleistung, etwa durch Hinterlegung, ist im Rahmen des § 66 Abs. 4 StBerG nicht ausreichend, während sie gemäß § 273 Abs. 3 BGB akzeptiert wird.

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Steuerschätzung oder Pfändung – die Grenzen des Zurückbehaltungsrechts

Droht dem Steuerschuldner beziehungsweise Auftraggeber durch die Zurückbehaltung der Unterlagen ein Nachteil, wie eine Steuerschätzung oder Pfändung, hängen die Handlungsoptionen und damit die weitere Vorgehensweise von den Besonderheiten des Einzelfalls ab.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied am 21. Dezember 2004 unter dem Aktenzeichen 23 U 36/04, dass die Anwendung des Zurückbehaltungsrechts als treuwidrig anzusehen ist, wenn dadurch einem Gewerbetreibenden ein bedeutender Schaden droht. Dies ist der Fall, wenn er aufgrund des Fehlens der angeforderten Belege und Geschäftsunterlagen seine notwendigen Steuererklärungen nicht einreichen kann und somit die Gefahr einer Steuerschätzung besteht. Letztendlich entschied das Gericht, dass der Steuerberater verpflichtet ist, sämtliche Kassenbelege, Kassenabrechnungen und Bankauszüge an die Klägerin herauszugeben.

Wenn ein Mandant, der über kein Vermögen verfügt, in einem Steuerstrafverfahren steht und ihm eine Freiheitsstrafe droht, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, und er ohne die beim Steuerberater liegenden Dokumente keine angemessene Verteidigung führen kann, kann der Steuerberater sich nicht in gutem Glauben auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen. Dies entschied das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 14.05.2012 (Aktenzeichen: 15 W 813/12).

Liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor oder werden sonstige Grenzen überschritten, die der Steuerberater zu beachten hat, so kann der betroffene Steuerschuldner unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Wenn Steuerberater Unterlagen als Pfand behalten, ist dies nicht immer zulässig.

 

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